Zum Tode von Friedrich Karl Brauns: Livereporter mit Leib und Seele

Der junge Reporter Friedrich-Karl Brauns, den alle nur Charly nannten, war der erste, der sich während meines Praktikums beim Sender Freies Berlin 1967 um mich kümmerte. Als wir über unsere sportlichen Hobbies sprachen und Tischtennis als Gemeinsamkeit entdeckten, habe ich mich leichtsinnigerweise auf ein Spielchen mit Charly eingelassen, das sehr schnell beendet war, denn er empfahl mir nach wenigen Schlägen überaus freundlich, doch erst einmal den Grundschlag zu lernen. Ich wusste ja nicht, dass Charly Brauns ein Berliner Spitzenspieler war.

Bald bewunderte ich nicht nur sein sportliches Können, sondern vor allem seine Fähigkeiten als unglaublich vielseitiger Hörfunkreporter. Ein Wortakrobat. Neben Tischtennis auch bei vielen anderen Sportarten wie Tennis, Leichtathletik, Fechten, moderner Fünfkampf und Handball. Er war ein Meister der plastischen Schilderung. So wurde Charly nicht nur zu einer der bedeutendsten Stimmen Berlins, sondern auch in der ARD ein gefragter Mann.

 

Er war auf allen Kontinenten bei Welt- und Europameisterschaften sowie mit besonderer Leidenschaft bei zahlreichen olympischen Spielen unterwegs. In Montreal 1976 hielt es ihn vor Begeisterung nicht mehr auf seinem Kommentatorenplatz, als Thomas Bach die Goldmedaille im Fechten gewann. Charly sprang über die Barriere auf die Planche, um den Olympiasieger so schnell wie möglich zu interviewen. Das fanden die Ordner gar nicht witzig und verhafteten den übereifrigen Reporter. Aus dem Gefängnis heraus machte Charly Brauns per Telefon eine legendäre Reportage. Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht, ein Livereporter mit Leib und Seele.

Als gegen Ende seiner Karriere kurze Zusammenfassungen immer mehr verlangt wurden, hatte er große Probleme, die oft geforderten 90 Sekunden auch nur ansatzweise einzuhalten. Charly konnte seine Fähigkeiten voll entfalten, wenn er unlimitiert kommentieren durfte. Wie bei den German Open der Tennisdamen, wo er den kometenhaften Aufstieg der jungen Steffi Graf in zahlreichen Sondersendungen wort- und stimmgewaltig begleitete. Er war meinungsstark bis zur Sturheit, aber nie verbissen. Im Gegenteil. Er meisterte selbst schwierige Situationen mit viel Humor. Der DDR - Flüchtling konnte sich beispielsweise über groteske Banalitäten seiner Stasi-Akte köstlich amüsieren.

 

In den letzten Jahren hatte Charly zunehmend gesundheitliche Probleme. Das Laufen fiel ihm schwer. Trotzdem wollte er auch in diesem Sommer wieder mit seiner Frau Anita auf Reisen gehen. Die beiden haben sich als junge Tischtennisspieler kennengelernt und viele Jahrzehnte harmonisch zusammengelebt. Charlys letzte Reise geht jetzt in eine andere Richtung als geplant. Wir werden ihn sehr vermissen.

 

Jochen Sprentzel (ehem. Sportchef SFB/rbb)